Thomas Dohse, Director Interpack, Messe Düsseldorf

Thomas Dohse, Director Interpack, Messe Düsseldorf (Bild: Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann)

Herr Dohse, durch die Zwangspause 2020 findet die Interpack nun nach sechs Jahres erstmals wieder statt. Wie geht man einen solchen Restart an?

Thomas Dohse: Tatsächlich mit den Basics. Denn nach so langer Zeit gibt es eine recht große Anzahl an Menschen in unserer Branche, die die Weltleitmesse für Processing und Packaging noch nie live erlebt haben. Denen müssen wir ganz grundsätzlich erklären: Was zeichnet denn nun die Interpack aus? Und um die kurze Antwort gleich vorweg zu nehmen: Sie ist einzigartig. Das fängt schon mit der Größe an – 37 Fußballfelder groß, sage ich immer, um eine Vorstellung zu geben. Auf dieser Fläche präsentieren sich in diesem Jahr rund 2.700 Aussteller aus 60 Ländern. Besucherseitig ist wie gewohnt die ganze Welt vor Ort. Diese Zahlen, und die hochrangigen Namen die sich dahinter verbergen, unterstreichen aus unserer Sicht: Die Interpack ist nicht nur einfach eine Messe, sondern der Branchentreff der Verpackungsindustrie.

neue verpackung: Und wie werden die alten Hasen, zu denen ich mich auch schon fast wieder zählen darf, und die die Interpack seit vielen Jahren besuchen, die Messe erleben?Schließlich hat sich die Welt durch die Pandemie stark verändert, vor allem im Bereich Digitalisierung – dies hat sicherlich auch Auswirkungen auf die Interpack, oder?

Dohse: Sagen wir mal so: Auf der Ausstellerseite hat sich für die Besucher der vergangenen Ausgaben der Messe wahrscheinlich gar nicht so viel verändert. Gleichzeitig greift die von Ihnen angesprochene Digitalisierung um sich und das betrifft auch die Industrie. Also: Wie läuft die Kom-munikation zwischen den Kunden und den Anbietern? Aber auch: Wie wirkt sich das Internet of things darauf aus, wie und wie stark in der Industrie kommuniziert wird? Bis vor vergleichsweise kurzer Zeit entstand das weltweite Datenvolumen vor allem im privaten Bereich, also bei-spielsweise durch Streaming aber auch durch die Kommunikation zwischen Menschen. Das passiert nun mehr und mehr auch auf der Seite der Unternehmen – also, dass Maschinen miteinander sprechen, oder dass man einen Digital Twin nutzt.

In der Zukunft werden die Datenmengen, die auf der Business Seite entstehen immer weiter anwachsen. Das ist natürlich eine Herausforde-rung für die Unternehmen. Deshalb ist die Digitalisierung auch eines von insgesamt vier Hot Topics, die wir in diesem Jahr auf der Messe in den Fokus stellen.

neue verpackung: Gutes Stichwort, das wäre auch meine nächste Frage gewesen: Was genau hat es den mit den neuen Hot Topics auf sich?

Dohse: Die Hot Topics entstanden im Zuge der neuen Fokussierung in den Hallen, die wir ursprünglich bereits für 2020 geplant hatten. Aus-ganglage hierfür wiederum war, dass die Fachbesucher immer weniger Zeit auf einer Messe verbringen können, also nicht wie früher fünf oder sechs Tage, sondern eher zwei oder drei und dann mit entsprechendem Fokus, was sie gerade interessiert.

Deshalb haben wir insgesamt vier Hot Topics identifiziert. Da wäre einmal die Circular Economy. Die Kreislaufwirtschaft ist ja im Grunde schon länger in aller Munde – nur bisher mehr als Schlagwort. Wir haben aber den Eindruck, dass sich das nun geändert hat und die Unterneh-men es wirklich ernst meinen. Und gleichzeitig, dass auch die Kunden hier Lösungen mehr und mehr einfordern; von den Maschinenbauern genauso wie von den Packmittel-Anbietern. Dabei hat Circular Economy sehr viele Dimensionen: Wie muss das Produkt beschaffen sein, wie muss die Verpackung gestaltet werden, um recyclingfähig zu sein?

Das zweite Topic hängt mit dem ersten fast ein bisschen zusammen: Ressourcenschonung. Die Tatsache, dass Energie erheblich teurer gewor-den ist, führt beispielsweise bei Unternehmen zur Überlegung, ob sich die Investition in eine neue Maschine bereits vorzeitig lohnt, da diese durch Einsparungen von Energie und Wasser jetzt einen schnelleren ROI ermöglicht, als das noch vor der Krise der Fall gewesen wäre. Oder auf der Seite der Packmittel: Wie können Materialien künftig noch leichter werden? Wie kann ich die Verarbeitung so gestalten, dass ich weniger Ausschuss habe? Auf diese Fragen gibt es auf der Interpack Antworten.

Digitale Technologien, unser drittes Hot Topic, hatten wir ja bereits angesprochen. Hier geht es vor allem um Kommunikation, aber auch völ-lig neue Geschäftsmodelle. Und das vierte, aber nicht zu unterschätzende Hot Topic ist die Produktsicherheit. Heute, nach Corona, wird mehr denn je verpackt. Denn die Pandemie hat uns allen noch einmal sehr plastisch vor Augen geführt, wie wichtig die Verpackung mit ihrer Schutz-funktion ist – und zwar nicht nur im Nahrungsmittelbereich. Produktschutz spielt auch im E-Commerce eine tragende Rolle, wenn es beispiels-weise um das Nachverfolgen und Überwachen der Verpackung geht, ob sie beispielsweise beim Transport Feuchtigkeit, starken Temperatur-schwankungen oder auch Erschütterungen ausgesetzt war.

neue verpackung: Auch wenn wir uns nun alle erst einmal freuen in Düsseldorf zu sein: Wie steht es aktuell eigentlich um die Interpack Alliance, gibt es auch hier spannende Entwicklungen?

Dohse: Absolut, hier hat sich einiges getan! Da wäre natürlich einerseits die Problematik des Krieges in der Ukraine, der dazu geführt hat, dass wir uns von unserem gesamten Russlandgeschäft, wo wir ja jahrzehntelang aktiv waren, getrennt haben. Gleichzeitig gab es natürlich durch die Pan-demie verschiedene andere Herausforderungen. So hatten wir beispielsweise bisher in China eine erfolgreiche Messe, die Shanghai Word Of Packaging – die konnte jetzt erst einmal überhaupt nicht stattfinden. Hier werden wir aber im November diesen Jahres wieder durchstarten. Gleichzeitig sehen wir übrigens auch auf der Interpack selbst, dass die chinesischen Unternehmen zurückkehren.

Neben Asien ist natürlich auch Afrika ein echter Wachstumsmarkt. Hier haben wir eine Partnerschaft in Ägypten, das ja anstrebt, ein Hub für die gesamte Region Nordafrika zu werden. Wir sind an der Food Africa in Kairo beteiligt, die größte Nahrungsmittel-Messe im gesamten afrika-nischen Kontinent, die in Kombination mit der Pacprocess Middle East Africa stattfindet. Zusammen belegen die Aussteller mittlerweile drei Hallen, insgesamt 30.000 m2. Unsere Strategie mit all diesen Satelliten ist nach wie vor, dass unsere Unternehmen einerseits die Leitmesse in Düsseldorf haben und wir ihnen gleichzeitig Präsenz in spannenden oder speziellen Märkten ermöglichen. Und das in der gewohnten Qualität der Messe Düsseldorf.

neue verpackung: Um am Ende noch ein wenig persönlich zu werden: Sie haben den Posten des Directors der Messe zwar bereits einige Jahre inne, dürfen aufgrund der entfallenen Ausgabe 2020 erst jetzt zum ersten Mal auch eine Interpack in dieser Funktion begleiten. Gibt es vielleicht einen Aspekt, auf den Sie sich besonders freuen?

Dohse: Ich freue mich vor allem, dass die Menschen endlich wieder alle face-to-face zusammenkommen. Es war während der Pandemie zwar schön und praktisch, Meetings online abhalten zu können. Und ich erinnere mich auch gut daran, als an mancher Stelle gefragt wurde, ob es Messen überhaupt noch brauchen würde, schließlich könne man ja praktisch alles am Bildschirm abwickeln. Aber bei so erklärungsbedürftigen Produkten, Maschinen und Prozessen wie die im Verpackungsbereich stellte sich schnell heraus: Man muss sich treffen, man muss sich auch mal die Hand geben, man muss sich in die Augen schauen und Rückfragen direkt stellen können. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich freue mich auf die Besucher aus aller Welt – 70 Prozent kommen ja aus dem Ausland angereist. Und ich freue mich auf den persönlichen Kontakt und darauf end-lich wieder allen die Hand schütteln zu können!

Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung

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Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

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