Faserbasierte Alternative
„Umweltschonend und auch praktikabel für die Industrie“
Hartmann Packaging A/S stellt eine innovative Verpackung vor. Sie ist faserbasiert, eignet sich zur Verpackung von Fleischprodukten und lässt sich nahtlos in bestehende Produktionsprozesse integrieren. Interview mit Kati Ørskov, Business Unit Director, Hartmann Fiberwise.
Frau Ørskov, wie kam es zur Entwicklung der neuen Verpackung?
Ørskov: Das Unternehmen Hartmann Packaging A/S, Teil des dänischen Thornico Konzerns, ist seit 1937 spe- zialisiert auf die Faserguss-Technologie, sogenannte Rough Moulded Fibre Technology. Damit sind wir zum Marktführer für Eierverpackungen in Europa und in Südamerika zusätzlich im Bereich der Obst- und Gemüseverpackungen aufgestiegen. Biologisch abbaubare Faserformverpackungen bilden die Grundlage unseres Geschäfts. Dafür verwenden wir Altpapier und Altkarton in großen Mengen, die wir selbst an 17 Standorten weltweit zur Herstellung unserer Produkte aufbereiten. Wir verstehen uns als Recycler und Nachhaltigkeit ist damit ein zentrales Anliegen unseres Unternehmens. Eines unserer konkreten Unternehmensziele lautet, unsere Kunden mit unserem Technologie-Know-how bei der Minimierung von CO2-Emissionen und Kunststoffreduktion zu unterstützen. Der Anstoß zur Entwicklung einer umweltfreundlichen Verpackungslösung für andere Produkte wie Fleisch kam von unseren Kunden aus dem Handel. Diese haben uns vermehrt darauf angesprochen, dass sie auf der Suche nach Verpackungsalternativen für Produkte wie Fleisch sind, um den wachsenden Anforderungen von Verbrauchern und der Gesetzgebung gerecht zu werden. Wir haben diese Herausforderung als Chance gesehen und unsere Expertise genutzt, um Fiberwise zu entwickeln – eine Verpackungslösung
Was unterscheidet Fiberwise von anderen Verpackungslösungen für diese Produktgruppe?
Ørskov: Wir setzen auf eine innovative Materialkombination, die höchste funktionale Anforderungen erfüllt. Die Verpackung besteht aus einer formgepressten Faserschale aus Altpapier und Altkarton, die mit einem hauchdünnen trennbaren Schutzliner aus Kunststoff ausgestattet ist. Diese sorgt für optimalen Produktschutz und eine verlängerte Haltbarkeit der Lebensmittel. Die Schale wird wie ein herkömmlicher Kunststoff-Tray mit einer Oberfolie hermetisch versiegelt. Dafür lassen sich Folien mit gewohnten Eigenschaften wie Easy-Peel und mehr einsetzen. Nach Gebrauch kann die Verpackung in den Wertstoffstrom zurückgeführt werden. Das reduziert nicht nur den CO2-Fußabdruck im Vergleich zu herkömmlichen Verpackungen erheblich, sondern macht die Schale auch zu einer Lösung, die Verbraucher intuitiv als nachhaltig wahrnehmen und deshalb bevorzugen.
Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung?
Ørskov: Die Entwicklung einer nachhaltigen Verpackung, die den strengen Anforderungen der Fleischindustrie entspricht, war eine große Herausforderung. Es galt, eine Verpackung zu schaffen, die robust genug ist, um die Produkte optimal zu schützen, gleichzeitig aber umweltschonend und kreislauffähig bleibt. Zudem mussten wir sicherstellen, dass Fiberwise mit den hochautomatisierten Prozessen der Industrie kompatibel ist. Klare Vorgabe bei der Entwicklung war, dass die Schale die gleiche Leistung wie herkömmliche Kunststoff-schalen bieten muss, es also keine Einbußen bei Taktzahlen der Anlagen oder Haltbarkeit des Füllgutes geben darf. Das ist uns durch enge Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern und Handelspartnern gelungen: In umfangreichen Praxistests sind wir zu einer Lösung gelangt, die Effizienz und höchste Produktsicherheit gewährleistet und dabei alle Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllt.
Mit welchen Vorteilen kann die neue Schale bei Lebensmittelherstellern und dem Handel punkten?
Ørskov: An erster Stelle steht sicher unser Plug-and-Play-Konzept: Ein entscheidender Vorteil von Fiberwise ist die einfache Integration in bestehende Produktionsprozesse. Die Verpackung wurde bewusst so konzipiert, dass sie auf vorhandenen Verpackungslinien ohne größere technische Anpassung eingesetzt werden kann. Das bedeutet, dass kein zusätzlicher Investitionsaufwand für neue Werkzeuge notwendig ist und auch die logistischen Prozesse unangetastet bleiben. Die Schale ist übrigens auch für das Roboter-Handling geeignet, ohne sich dabei zu verformen. Was die Produktsicherheit angeht: Fiberwise erreicht eine optimale Haltbarkeit von Proteinprodukten wie Fleisch, Geflügel, Convenience oder Fisch. Das hat einen direkten Einfluss auf die Reduktion von Lebensmittelverschwendung. Selbstverständlich hält die Schale Feuchtigkeit in erforderlichem Maße stand. Ein weiterer Pluspunkt für den Handel: Er kann auf diese Weise demonstrieren, dass er auf die steigende Nachfrage der Verbraucher nach nachhaltigen Verpackungen reagiert und sich damit einen klaren Wettbewerbsvorteil sichern.
Wie erfüllt Fiberwise die Vorgaben der EU-Verpackungsverordnung PPWR?
Ørskov: Die neue Verpackungsverordnung setzt Maßstäbe für die Zukunft der Verpackungsindustrie. Ihr Hauptziel ist, die Umweltauswirkungen von Verpackungen zu minimieren und gleichzeitig die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Fiberwise wurde genau in diesem Sinne entwickelt: Hauptbestandteile der Verpackung im Sinne der Kreislaufwirtschaft sind Altpapier und Altkarton. Lediglich 9,8 % der Schale, das entspricht 2,1 g, entfällt auf die fossile Barriereschicht, die notwendig ist, um den Inhalt optimal zu schützen. Der Schutzliner lässt sich durch die klar definierte Easy-Peel-Ecke leicht von der Faserschale trennen, sodass beide Bestandteile separat recycelt werden können. Dies stellt sicher, dass wertvolle Materialien wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. Lösungen wie unsere Schale unterstützen Unternehmen dabei, sich frühzeitig auf zukünftige Regularien vorzubereiten.
Auch die Verbraucher müssen mitspielen. Wie steht es um die Akzeptanz der Konsumenten von neuen Verpackungslösungen für Fleisch und Co.?
Ørskov: Die Verbraucherakzeptanz ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer neuen Verpackungslösung. Wir haben in umfangreichen Marktstudien – unter anderem zusammen mit der GfK – festgestellt, dass 79 % der Konsumenten faserbasierte Verpackungen bevorzugen. Besonders geschätzt wird die einfache Trennbarkeit der Materialien, da dies das Recycling erleichtert. Wir können das unterstützen: Hersteller können den Raum zwischen Schale und Schutzfolie für Kommunikationsmaßnahmen nutzen, um etwa aufzuklären, wie sich Fiberwise optimal trennen und entsorgen lässt. Unsere Studien und Befragungen im Vorfeld legen nahe, dass Konsumenten die Schale nicht nur als nachhaltige Alternative wahrnehmen, sondern die Verpackung mit einer bewussten Kaufentscheidung für umweltfreundliche Produkte verbinden. Dies zeigt sich auch in der aktuell wachsenden Nachfrage nach nachhaltig verpackten Lebensmitteln im Handel.
Welche langfristigen Entwicklungen erwarten Sie künftig in der Verpackungsindustrie?
Ørskov: Wir sind davon überzeugt, dass CO2-Emissionen zu einem entscheidenden Faktor werden, wenn es um die Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Verpackungslösung geht. Unternehmen werden zunehmend darauf achten müssen, den gesamten Lebenszyklus ihrer Verpackungen unter diesem Gesichtspunkt zu optimieren – von der Materialbeschaffung bis zur Wiederverwertung. Dabei können wir mit Fiberwise unterstützen, denn der Hauptanteil des Rohmaterials besteht aus Altpapier – also aus recyceltem Material, das einen erheblichen Effekt auf die Einsparung von CO2-Emissionen hat. Aus aktuell laufenden LCA-Analysen wissen wir bereits, dass diese im Vergleich zu PET lediglich ein Drittel betragen und im Vergleich zu PP um über 50 % reduziert werden. Zudem wird sich die Zukunft der Verpackungsindustrie stark in Richtung Kreislaufwirtschaft entwickeln. Die PPWR wird diesen Wandel beschleunigen und klare Standards für die Recyclingfähigkeit und den Einsatz nachhaltiger Rohstoffe setzen. Das macht die Forschung an alternativen Materialien aus erneuerbaren Rohstoffen interessant. Auch Hartmann ist offen für Innovationen. Neben recyceltem Altpapier könnten zukünftig auch alternative Fasermaterialien in Verpackungen integriert werden, um mit weiteren alternativen Rohstoffen zukunftssicher aufgestellt zu sein.