Die Russland-Sanktionen und ihre Auswirkungen auf die Lieferketten

Auswirkungen des Ukraine-Kriegs: Steht die Palettenindustrie vor dem Stillstand?

Paletten
Könnten bald ein rares Gut werden: Paletten.

Die Produktion der Hersteller von Paletten könnte bald stillstehen. Ursache ist der Mangel an Nägeln, deren Stahl bisher vor allem aus Russland geliefert wurde.

Schon jetzt seien erste Unternehmen kaum mehr in der Lage, ihre Nachfrage nach Paletten und Packmitteln zu decken. Bereits in wenigen Wochen könnte die Produktion bei einigen deutschen Palettenherstellern deshalb stillstehen, so der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE). Damit stehen die Lieferketten in Deutschland vor einer massiven Störung.

78 Nägel pro Palette

Paletten werden im Wesentlichen aus Schnittholz, Palettenklötzen und Nägeln gefertigt. 78 Nägel braucht es für eine Europalette. Circa 90 % der für Paletten benötigten losen Nägel werden laut Angaben der europäischen Zulieferer der HPE-Branche aus russischem Stahl gefertigt. In Folge der Handelssanktionen gegen Russland kann dort bis auf weiteres kein Nachschub bestellt werden – selbstverständlich bemüht sich der Branchenverband um Lösungswege auf allen Ebenen.

Die in Deutschland gefertigten Paletten werden fast ausschließlich in (hoch-)automatisierten Fertigungslinien produziert. Die verwendeten Nägel benötigen Stahlqualitäten, die bislang fast ausschließlich aus Russland zu beziehen waren und die daher nicht so schnell von woanders geordert werden können – zumal für kurzfristige Übersee-Lieferungen etwa aus Fernost kaum bis keine Kapazitäten verfügbar sind. Da sich die deutschen Fertigungsmaschinen auch nicht auf andere Nägel umrüsten lassen, könnten hier demnächst Millionen von Paletten fehlen. HPE-Geschäftsführer Marcus Kirschner erklärt: „Wenn Nägel fehlen, dann droht den betroffenen Unternehmen von heute auf morgen 100 Prozent Kurzarbeit. Je größer die daraus resultierenden Fehlmengen ausfallen, desto gravierender sind auch die Auswirkungen auf den Warenverkehr.“

Auch die Palettenimporte machen sich bemerkbar

Hinzu kommt: Neben der Fehlmenge an Paletten aus deutscher Produktion werden bis auf weiteres auch Palettenimporte aus Russland, Belarus und der Ukraine ausbleiben. 2021 wurden gut 10 Mio. Paletten von dort importiert. Das waren 14,5 % der Gesamtmenge deutscher Palettenimporte. Hinzu kamen im Vorjahr 9,55 Mio. Paletten aus Polen und dem Baltikum, deren Hersteller eine große Abhängigkeit von russischen Holzimporten aufweisen. „Hieraus allein lässt sich ein Importdefizit in Höhe von rund 20 Millionen Paletten ableiten. Tatsächlich dürfte die Fehlmenge jedoch noch deutlich höher ausfallen, da nach unseren Informationen alle europäischen Länder das gleiche Versorgungsproblem mit Nägeln haben wie Deutschland“, kommentiert Kirschner.

Auch bei verschiedenen Holzsortimenten kommt es bereits zu Engpässen bei deutschen Herstellern von Paletten, Kisten und Kabeltrommeln, weil Importe aus der Ukraine, Russland und Belarus fehlen. Im vergangenen Jahr kamen je nach Holzsortiment bis zu 25 % der deutschen Importe aus diesen Ländern – beispielsweise das für die HPE-Branche wichtige Sperrholz. Beim Schnittholz für Paletten und Packmittel macht sich die Abhängigkeit wichtiger baltischer Zulieferer hiesiger Unternehmen von russischen und belarussischen Nadelschnittholzimporten negativ bemerkbar. Mehr als 70 % der im Jahr 2021 im Baltikum eingeführten Nadelschnittholzmenge stammten aus Russland und Belarus.

Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 mehr Paletten in Deutschland produziert als jemals zuvor. Die Palettenproduktion legte um 8,0 % auf gut 119,5 Mio. Stück zu. Ergänzt um einen Importüberschuss von gut 39 Mio. Paletten betrug der Inlandsbedarf im vergangenen Jahr rund 158 Mio. Paletten, die für den Warenverkehr in allen Gesellschaftsbereichen zum Einsatz kamen, um die Bevölkerung, die Industrie und die kritische Infrastruktur zu versorgen. Die produzierte Menge bei Kisten und Kabeltrommeln stieg um je gut 15 % an.

Das sind die 10 größten ausländischen Firmen in Russland

Zwei Menschen die im Ikea stehen
Auf Platz 10 in diesem Ranking landet das einst schwedische, mittlerweile aber niederländische Möbelhaus Ikea. Das Unternehmen ist seit dem Jahre 2000 in Russland tätig und machte dort 2020 einen Umsatz von 2,92 Mrd. Euro.
Eingang eines Samsung Geschäfts
Der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung Electronics ist bereits seit 1991 in Russland vertreten. In 2020 machte Samsung dort einen Umsatz in Höhe von 2,93 Mrd. Euro und landet damit auf dem neunten Platz.
Toyota Autohaus
Platz 8 im Ranking geht an den japanischen Autobauer Toyota Motor. 2020 machte das Unternehmen 3,14 Mrd. Euro Umsatz in Russland, wo es seit 2002 tätig ist.
Apple Store bei Nacht
Den siebten Platz der größten ausländischen Firmen in Russland kann sich der Elektronik-Gigant und Samsung-Rivale Apple sichern. Von den zehn im Ranking aufgeführten Unternehmen kam Apple als letztes nach Russland, nämlich erst im Jahre 2011. 2020 machte der Konzern dort 3,17 Mrd. Euro Umsatz.
Supermarkt Auchan
Die Groupe Auchan (Platz 6) ist eine französische Warenhauskette, die seit 2002 auch in Russland agiert. 2020 betrug der dortige Umsatz des Unternehmens 3,26 Mrd. Euro.
rotes Auto vor dem Eiffelturm
Auf Platz 5 landet die Groupe Renault, der zweite Autohersteller im Ranking. Das Unternehmen ist seit 1998 in Russland vertreten und machte dort 2020 einen Umsatz von 3,69 Mrd. Euro.
Raucherbereich
Ein Jahr nach Renault, also 1999, kam auch das Unternehmen Japan Tobacco International (JTI) nach Russland. Anders als es der Firmenname vermuten lassen würde, hat JTI seinen Sitz in der Schweiz. In Russland machte der Tabakkonzern 2020 einen Umsatz in Höhe von 3,7 Mrd. Euro.
Gebäude der Volkswagengruppe mit Autos davor
Der dritte Autobauer und zugleich auf dem dritten Platz im Ranking ist die Volkswagen Group. Das Unternehmen ist seit 2003 in Russland tätig und konnte dort 2020 einen Umsatz in Höhe von 3,8 Mrd. Euro verzeichnen.
Leroy Merlin
Den zweiten Platz im Forbes-Ranking kann sich der französische Heimwerker- und Gartenhändler Leroy Merlin ergattern. Das Unternehmen agiert seit 2004 auch in Russland und machte dort in 2020 einen Umsatz von 4,13 Mrd. Euro.
Logo von Philip Morris
Das größte ausländische Unternehmen in Russland und damit der Spitzenreiter in diesem Ranking ist Philip Morris International, ein amerikanischer Hersteller von Tabakprodukten. Bereits seit 1992 ist der Konzern auch in Russland tätig. 2020 betrug der Umsatz von Philip Morris in Russland 4,3 Mrd. Euro.