„Weg vom sterilen Lernen, hin zur Applikation“

Makeathon 2023: Studenten als Tüftler in der Verpackungsindustrie

Die begrenzte Zeit zur Lösungsfindung war auch in diesem Jahr zentraler Bestandteil des Makeathon-Konzepts.
Die begrenzte Zeit zur Lösungsfindung war auch in diesem Jahr zentraler Bestandteil des Makeathon-Konzepts.

Am 21. und 22.11.2023 veranstaltete das Packaging Valley den vierten Makeathon. In diesem Jahr fand das praxisnahe Event, bei dem Studenten an Verpackungslösungen tüfteln, an vier verschiedenen Standorten statt – neue verpackung war live dabei.

21. November 2023, 8 °C und Nieselregen – vom Wetter her ein trister Tag, vom Inhalt her keineswegs. Der Makeathon 2023 findet, wie auch im vergangenen Jahr, drinnen statt. Als ich um 08:00 Uhr am Standort Schwäbisch Hall bei Optima Packaging ankomme, sind die ersten Teilnehmer bereits vor Ort und kümmern sich um die Übertragungstechnik.

Ich werde von Johanna Papst, Organisationsbegleiterin bei Hfcon und Makeathon-Jurymitglied, in Empfang genommen. Mit der Zeit treffen die ersten Studenten ein, ich komme mit einem aus der Gruppe ins Gespräch.

Der 28-jährige Andreas Massa hat bereits 2016 seine Ausbildung zum Mechatroniker abgeschlossen und studiert seit September 2023 Automatisierungstechnik an der Technikerschule Neckarsulm. „Berufserfahrung ist enorm wichtig. Mir gefällt der praktische Ansatz beim Makeathon“, so Massa.

Etienne Graf, Projektmanager und Management Assistent beim Packaging Valley, begrüßt die Teilnehmer.
Etienne Graf, Projektmanager und Management Assistent beim Packaging Valley, begrüßte die Teilnehmer.
Hießen die Makeathon-Teilnehmer bei ihrem Arbeitgeber Optima willkommen: Matthias Hofmann, Software-Entwicklungsingenieur für Robotik und Kinematik, und Marcel Wolpert, Entwicklungsingenieur für Mechanik.
Hießen die Makeathon-Teilnehmer bei ihrem Arbeitgeber Optima willkommen: Matthias Hofmann, Software-Entwicklungsingenieur für Robotik und Kinematik, und sein rechter Nebenmann Marcel Wolpert, Entwicklungsingenieur für Mechanik.
Bei Optima in Schwäbisch Hall folgten die Teilnehmer den ersten Redebeiträgen des Tages.
Bei Optima in Schwäbisch Hall folgten die Teilnehmer den ersten Redebeiträgen des Tages.
Jonas Fischer, Software Engineer bei ITQ, agierte als Moderator beim Kick-off.
Jonas Fischer, Software Engineer bei ITQ, agierte als Moderator beim Kick-off.
Dr.-Ing. Rainer Stetter, Geschäftsführer von ITQ, resümierte unter anderem das letztjährige Event.
Dr.-Ing. Rainer Stetter, Geschäftsführer von ITQ, resümierte unter anderem das letztjährige Event.
Via Teams zugeschaltet: die anderen Standorte des diesjährigen Makeathons.
Via Teams zugeschaltet: die anderen Standorte des diesjährigen Makeathons.

Des Weiteren tausche ich mich unter anderem mit Jonas Fischer und dessen Chef Dr.-Ing. Rainer Stetter aus. Fischer arbeitet als Software Engineer bei ITQ, er betont, dass der Fokus des Tages auf Prototyping liegt. Stetter, der Geschäftsführer von ITQ und treibende Kraft hinter dem Event, sieht im Makeathon „ein Projekt im Zeitrafferformat“, das bewusst knappe Zeit und Ressourcen als Challenge mit sich bringt. „Wir wollen machen. Hard and heavy“, ruft Stetter die Devise der kommenden zwei Tage aus.

Zweiter Halt: Syntegon

Als ich um 11:00 Uhr in Crailsheim ankomme, begrüßt mich Dr. rer. nat. Johannes Rauschnabel, der bei Syntegon als Director Advanced Technology Development arbeitet. Er sieht den Fachkräftemangel als großes Problem der Branche, Projekte wie der Makeathon können dazu beitragen, dem entgegenzuwirken, indem Nachwuchskräfte gefördert und für die Unternehmen gewonnen werden.

Dr. Johannes Rauschnabel, bei Syntegon als Director Advanced Technology Development tätig.
Dr. Johannes Rauschnabel.

Die Teilnehmer bringen laut Rauschnabel einen anderen Blick auf Sachverhalte und sich dadurch konstruktiv ein. „Durch das Handeln der Studenten beim Makeathon bekommen wir die ein oder andere Idee, was man noch verbessern müsste oder was noch relevant sein kann“, so Rauschnabel, der in personalisierter Medizin ein wichtiges Verpackungsthema der Zukunft sieht.

Bei meiner Ankunft befinden sich die Studenten am Anfang der Elaborierungsphase, zu der sie sich in fünf- bis fünfzehnköpfigen Arbeitsgruppen in verschiedenen Räumen zusammengefunden haben. Ihre Aufgabenstellung liegt in der Entwicklung von Konzepten zur Automatisierung von Transport, Handling und Sensorik für medizinische Produkte. Dafür stehen ihnen unter anderem Cobots, elektromagnetische Antriebe und Sensor-Prototypen des Syntegon-Partners Balluff zur Verfügung. Besonders interessant finde ich jedoch, dass die Studenten häufig das vermeintliche Kinderspielzeug Lego und Duplo verwenden.

Erneut Teil des Makeathons: Der Prozess- und Verpackungstechniker Syntegon.
Erneut Teil des Makeathons: der Prozess- und Verpackungstechniker Syntegon.
Auch in diesem Raum wurde getüftelt: Johannes Rauschnabel, Director Advanced Technology Development bei Syntegon, war einer der Ansprechpartner für die Studenten.
Auch in diesem Raum wurde getüftelt: Dr. Johannes Rauschnabel, Director Advanced Technology Development bei Syntegon, war einer der Ansprechpartner für die Studenten.
Für ihre haptischen Modelle griffen die Teilnehmer häufig auf Lego- und Duplosteine zurück.
Für ihre haptischen Modelle griffen die Teilnehmer häufig auf Lego- und Duplosteine zurück.
Hier skizzierte die Arbeitsgruppe ihre Ideen zu sterilisierten Viles.
Hier skizzierte die Arbeitsgruppe ihre Ideen zu sterilisierten Viles.
Auf Laptops und Tablets hielten die Studenten ihre Konzepte fest und arbeiteten sie aus.
Auf Laptops und Tablets dokumentierten die Studenten ihre Konzepte und arbeiteten sie aus.
3D-Modelle spielten eine wichtige Rolle beim Makeathon.
3D-Modelle spielten eine wichtige Rolle beim Makeathon.
Auch in Crailsheim lingua franca: Englisch wurde bei Syntegon häufig gesprochen und geschrieben.
Auch in Crailsheim lingua franca: Englisch wurde bei Syntegon häufig gesprochen und geschrieben.
Die Reduzierung der Umrüstzeit erachteten die Teilnehmer als wichtigen Aspekt.
Die Reduzierung der Umrüstzeit erachteten die Teilnehmer als wichtigen Aspekt.
Lösungsansatz zu automatischer Sortierung pharmazeutischer Produkte.
Lösungsansatz zu automatischer Sortierung pharmazeutischer Produkte.
Hier wurden teamübergreifend Zwischenergebnisse präsentiert...
Hier wurden teamübergreifend Zwischenergebnisse präsentiert...
...und kontrovers diskutiert.
...und kontrovers diskutiert.

Tüfteln macht hungrig. Als die Studenten gegen 13:00 Uhr aus der Werkskantine zurückkehren, komme ich mit einem aus der Gruppe ins Gespräch: Felix Gall. Nach seinem Bachelor in Mechatronik studiert er nun im dritten Mastersemester Artificial Intelligence for Smart Sensors and Actuators an der Technischen Hochschule Deggendorf. Zurzeit schreibt er seine Masterarbeit zum Thema „Überwachung des Versiegelungsprozesses von Hartkapseln“.

Felix Gall, Student der TH Deggendorf.
Felix Gall, Student der TH Deggendorf.

Ihm gefällt besonders das industrienahe Arbeiten beim Makeathon. „Da kommt man weg vom sterilen Lernen, hin zur Applikation“, befindet Gall, der in KI ein zentrales Thema der Branche sieht. „Gerade im Bereich der Prozesskontrolle und -überwachung kann man mit artifizieller Intelligenz sehr viel rausholen“, so der Student.

Dritter Halt: Zebra Engineering

Um 16:00 Uhr in Heilbronn angekommen, nimmt mich Ben Bessert, Geschäftsführer von Zebra Engineering, in Empfang. Laut ihm begrüßt sein Unternehmen heute vornehmlich Automatisierungs-, Anwendungs- und Regelungstechniker sowie Software-Entwickler als tüftelnde Teilnehmer, die sich hier auf vier Arbeitsgruppen verteilen.

Ihre Aufgabenstellung liegt in der Verbesserung der übergreifenden Kommunikation zu Maschinen, wodurch die Digitalisierung und die Analysefähigkeiten eines Anlagenstatus weiterentwickelt werden sollen.

Das ausgesprochen internationale Teilnehmerfeld, das zum Großteil aus asiatischen Studenten besteht, wird in Heilbronn von dem Engländer Joel Wright in Softwarefragen unterstützt. Der 29-jährige Brite hat an der University of Exeter Maschinenbau studiert und arbeitet nun beim Zebra-Partner Atio als IoT-Consultant. „Die Studenten hier sind sehr engagiert und entwickeln zielgerichtet Lösungen“, so sein positives Zwischenfazit.

Chaitanya Chaudhary kommt aus der Nähe von Neu-Delhi.
Chaitanya Chaudhary kommt aus der Nähe von Neu-Delhi.

Einer dieser Studenten ist der 19-jährige Inder Chaitanya Chaudhary. Er studiert an der Karlsruhe University of Applied Sciences Electrical Engineering and Information Technology.

„Ich möchte in Baden-Württemberg bleiben und hier bei einer großen Firma als Projektmanager arbeiten. Der Makeathon macht mir richtig Spaß, vor allem das praktische Arbeiten mit den Kommilitonen“, so Chaudhary.

Bei Zebra Engineering stand der Roboterarm nicht nur räumlich im Mittelpunkt.
Bei Zebra Engineering stand der Roboterarm nicht nur räumlich im Mittelpunkt.
Internationales Publikum: In Heilbronn tüftelten unter anderem Studenten aus Indien, China und Afrika.
Internationales Publikum: In Heilbronn tüftelten unter anderem Studenten aus Indien, China und Afrika.
Der IoT-Consultant Joel Wright von Atio unterstützte die Studenten bei Softwarefragen und -problemen.
Der IoT-Consultant Joel Wright von Atio unterstützte die Studenten bei Softwarefragen und -problemen.
Auch am frühen Abend kam der Spaß bei der Arbeit nicht zu kurz.
Auch am frühen Abend kam der Spaß bei der Arbeit nicht zu kurz.
Konstruktive Diskussionen: die Studenten versuchten sich auch gegenseitig von ihren Ansätzen zu überzeugen.
Konstruktive Diskussionen: Die Studenten versuchten sich auch gegenseitig von ihren Ansätzen zu überzeugen.
Ben Bessert, Geschäftsführer von Zebra Engineering, sieht großes Potenzial im Makeathon.
Ben Bessert, Geschäftsführer von Zebra Engineering, sieht großes Potenzial im Makeathon.

Die Abschlussveranstaltung: Applaus für alle

Anlässlich der Abschlussveranstaltung am 22.11.2023 präsentieren die Teilnehmer der vier Standorte ihre Ergebnisse, im Makeathon-Jargon „Pitches“ genannt. Neben den oben beschriebenen Aufgabenstellungen in Crailsheim und Heilbronn, tüftelten die Teilnehmer in Waiblingen bei Rotzinger Pharmapack an der Konzeption eines AI-basierten Systems zur Generierung von Qualifizierungs-Dokumenten aus Input-Daten von Maschinen und deren Software. Zudem galt es, Generierungs-Regeln zu identifizieren und anhand eines Prinzipbeispiels zu präsentieren.

Bei Optima in Schwäbisch Hall standen zwei Aufgabenstellungen zur Wahl. Die Studenten sollten entweder Kindersicherungen an wiederverschließbaren Verpackungen entwickeln oder anhand des Themas "Erkennung und Sortierung von Objekten in pharmazeutischen Abfüllanlagen durch Robotik unterstützt vom digitalen Zwilling" zeigen, wie verschiedene Technologien in einer Anwendung vereint werden können.

Auch für die dezentrale Abschlussveranstaltung vernetzten sich die Standorte via Teams.
Auch für die dezentrale Abschlussveranstaltung vernetzten sich die Standorte via Teams.
Ein Student präsentiert bei Rotzinger in Waiblingen die Teamergebnisse, die Teilnehmer der anderen Standorte folgen seinen Ausführungen virtuell.
Ein Student präsentiert bei Rotzinger in Waiblingen die Teamergebnisse, die Teilnehmer der anderen Standorte folgen seinen Ausführungen virtuell.
Die Studenten bei Syntegon verfolgen die Ergebnisse ihrer Kommilitonen am Bildschirm.
Die Studenten bei Syntegon verfolgen die Ergebnisse ihrer Kommilitonen am Bildschirm.
Dieser Student entschied sich bei Optima für die Aufgabenstellung der Kindersicherung an wiederverschließbaren Verpackungen.
Dieser Student entschied sich bei Optima für die Aufgabenstellung der Kindersicherung an wiederverschließbaren Verpackungen.
V.l.n.r.: Marc Funk, Johanna Papst und Rainer Stetter nahmen in Schwäbisch Hall teil, die restlichen Jurymitglieder Tim Gegg und Andreas Findeis schalteten sich von anderen Standorten aus zu.
V.l.n.r.: Marc Funk, Johanna Papst und Rainer Stetter nahmen in Schwäbisch Hall teil, die restlichen Jurymitglieder Tim Gegg und Andreas Findeis schalteten sich von anderen Standorten aus zu.

Neben Johanna Papst und Dr. Rainer Stetter bilden Dr. Andreas Findeis, Projektmanager bei der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, Dr. Tim Gegg, CEO von Mätch VC, und Dr. Marc Funk, Geschäftsführer des Packaging Valley, die fünfköpfige Jury.

Diese kürt jedoch keinen Gewinner, sondern verweist auf den olympischen Gedanken: Dabei sein ist alles. „Es ist eine gute Entscheidung, keinen Sieger hervorzuheben“, kommentiert Stetter, der sich bei allen Teilnehmern und Partnern herzlich bedankt. Abschließend erhalten alle Studenten eine Urkunde und einen 3D-Drucker.

Partner des Makeathon 2023

Neben ITQ und den vier Standortausrichtern Optima Packaging, Syntegon, Zebra Engineering und Rotzinger agierten beim diesjährigen Makeathon der Automatisierer Balluff, der Schaltgeräte-Hersteller Schmersal und der Risikokapital-Fonds Mätch VC als Partner.

Zudem unterstützten die Software-Unternehmen Actimage und Atio, Hfcon, die Hochschule Aalen, das Steinbeis-Beratungszentrum Digitale Transformation und Prozessautomatisierung, die Wirtschaftsförderung Stuttgart sowie der Rems-Murr-Kreis den Makeathon. neue verpackung war der Medienpartner der Veranstaltung.

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